Erste Schritte im QM in der Arztpraxis
Der Einstieg in ein Qualitätsmanagement-System (QMS) beginnt mit der Entwicklung einer klaren Vision, Strategie und konkreten Zielen durch die Praxisinhaberin oder den -inhaber. Diese Grundlagen bilden das Fundament für alle weiteren Maßnahmen im QM-Prozess. Dazu gilt es Grundsätzliches zu klären und festzulegen. Im Folgenden erläutern wir einige Dinge, die zu berücksichtigen sind:
Standortbestimmung QM Arztpraxis
Eine erste Standortbestimmung – zum Beispiel durch eine strukturierte Selbstbewertung – unterstützt die Einordnung des Ist-Zustandes. Für eine solche Ersteinschätzung sind Checklisten besonders hilfreich. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Leitfaden Qualitätsmanagement in der Praxis der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der eine solche Checkliste enthält. Diese ermöglicht einen strukturierten Überblick über bereits vorhandene Maßnahmen und identifiziert Verbesserungspotenziale.
Definition von Aufgaben
Im nächsten Schritt ist es hilfreich, konkrete Aufgaben zu definieren und mit der Umsetzung zu beginnen. Dabei sollte eindeutig festgelegt werden, wer was bis wann zu erledigen hat. Klare Zuständigkeiten sorgen für Verbindlichkeit und vermeiden Missverständnisse im Team. Auch die Festlegung einer Qualitätsmanagement beauftragten Person gehören hierzu.
Zeit- und Maßnahmenplan
Ein Zeit- und Maßnahmenplan unterstützt dabei, alle Aufgaben strukturiert zu erfassen und umzusetzen. Er zeigt auf einen Blick, welche Schritte notwendig sind, wer verantwortlich ist und bis wann eine Umsetzung erfolgen soll – ein wichtiges Werkzeug für die Praxisorganisation.
QMS-Verfahren
Für die Einführung des QM-Systems gibt es unterschiedliche Verfahren und Modelle. Wir empfehlen, sich frühzeitig für ein passendes Verfahren zu entscheiden. Eine frühzeitige Entscheidung erleichtert den Aufbau des Systems und sorgt für eine gezielte Umsetzung der QM-Maßnahmen. Welche Variante sinnvoll ist, hängt oft von Praxisgröße, Spezialisierung und gesetzlichen Anforderungen ab.
Beispiele von gesetzlich anerkannten QM-Verfahren im Gesundheitswesen sind:
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QEP (Qualität und Entwicklung in Praxen®)
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KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen)
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EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management)
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DIN EN ISO 9001
QM Arztpraxis Checkliste
Mit Hilfe von Checklisten sollen v. a. sicherheitsrelevante Prozesse zuverlässig durchgeführt und sichergestellt werden, dass nichts vergessen wird (Bsp. OP). Auch für andere Prozesse in der medizinischen Praxis sind Checklisten und Ablaufbeschreibungen sinnvoll, bspw. für die Terminvergabe oder für diagnostische und therapeutische Abläufe.
Externe Beratung und Unterstützungsmöglichkeiten
Eine niederschwellige, praxisorientierte Beratung kann helfen, das notwendige Wissen rund um das Thema „Qualitätsmanagement Arztpraxis“ schneller aufzunehmen und wirksam werden zu lassen. Ein guter Berater kann helfen, den Fokus auf dem Thema zu halten, Werkzeuge zu implementieren, die anstehenden Herausforderungen lösen und helfen, dass keine juristische Anforderung übersehen wird.
Externe Qualitätsmanager:innen
Eine Beratung durch externe Qualitätsmanager:innen ist grundsätzlich ratsam, da das für die Arztpraxis einen spürbaren Mehrwert bringt. Gerne wird das vermeintlich etwas “lästige” Thema QM aufgeschoben. Durch externe Qualitätsmanager wird man von Zeit zu Zeit „dazu gezwungen“, sich mit der eigenen Organisation auseinanderzusetzen. Allein dadurch fallen den Profis suboptimale Abläufe auf, die anschließend optimiert und verschlankt werden können.
Außerdem sind externe Qualitätsmanager:innen grundsätzlich auf dem neuesten Stand, was gesetzliche Vorgaben betrifft und können hier optimal beratend zur Seite stehen.
Unterstützungsmöglichkeiten
Finanzielle Fördermöglichkeiten bei Inanspruchnahme externer Beratungsleistungen sind z. B. durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) möglich.
Werden externe Beratungs- und Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen, können diese durch eine klare Aufgabenzuteilung ggf. zielgerichteter erfolgen. Durch die klare Verantwortlichkeit innerhalb des Teams und Ansprechperson nach außen, kann hier eine schnittstellenarme Zusammenarbeit erfolgen.
QM in der Arztpraxis: Beispiele für Bereiche
Das Qualitätsmanagement /QM in der Arztpraxis kann unterschiedlich ausgestaltet sein, jedoch gibt es Bereiche, denen ein besonderes Augenmerk geschenkt werden sollte.
Von hoher Priorität ist eine eindeutige Aufgabenzuweisung u. a. in folgenden Bereichen:
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Leistungsabrechnung
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Dokumentation in der Patientenakte
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Hygiene
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Arbeitsschutz und -sicherheit
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Datenschutz und Informationssicherheit
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Medizinprodukte und Geräte
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Bestellungen und Einkauf
Idealerweise wird auch eine Vertretungsregelung getroffen, um auch im Krankheits- oder Urlaubsfall nicht improvisieren zu müssen.
Bereichsübergreifend kommen u. a. folgende Instrumente zum Einsatz:
Risiko- und Fehlermanagement oder: Fehler sind Schätze, die man heben kann
Einem lebendigen Qualitätsmanagement-System liegt die Philosophie des KaiZen zugrunde. KaiZen ist die gute Idee, die Dinge anzuschauen, wie sie wirklich sind, ohne etwas hinzuzufügen oder wegzulassen (das ist gar nicht einfach), und dann zu überlegen, wie diese verbessert werden können. Ein Kernsatz der KaiZen-Philosopie lautet: „Fehler sind Schätze, die man heben kann“.
Über Fehler zu diskutieren, ist auch Teil des Qualitätsmanagements (QM). Zentral ist dabei die Frage nach dem Warum und nie nach dem Wer. Es geht primär um Ursachenforschung, damit eine zukünftige Fehlervermeidung forciert werden kann.
Fehlermanagementsystem
Ein Fehlermanagementsystem kann sehr einfach implementiert werden, indem z.B. ein kleines Büchlein an der Anmeldung hinterlegt wird und die Praxisinhaber:in die Mitarbeitenden bittet, dort hineinzuschreiben, wenn etwas schief gegangen ist.
Idealerweise schreiben auch die Chefs zunächst einmal jede Woche mindestens einen Fehler hinein, den sie selbst gemacht haben. Diese Fehler werden dann in der Teamsitzung besprochen und überlegt, wie diese künftig vermieden werden können.
Irgendwann werden sich auch Mitarbeiter:innen trauen, ebenfalls einen Fehler in das Buch zu schreiben, den sie selbst gemacht haben und so weiter.
Üblicherweise dauert es eine Weile, bis das Team so weit ist, dass es problemlos möglich ist, Fehler von anderen Mitarbeitenden im Fehlermanagement zu melden.
Nach erfahrungsgemäß drei Jahren kann sich dann keiner der Mitarbeitenden mehr vorstellen, in einer Praxis ohne Fehlermanagement zu arbeiten, weil es einfach sinnvoll ist, sich zu überlegen, was man aus Fehlern lernen kann.
Risikomanagement
Im Risikomanagement werden Fehler dann systematisch dahingehend betrachtet, ob sich hinter dem Fehler ein Risiko verbirgt. Dies weitet den Blick dahingehend, dass Risiken zunehmend einfacher erkannt werden. Die Risiken werden dann in einer Risikoliste hinterlegt und mit Maßnahmen verknüpft.
Das Qualitätsmanagement / QM in der Arztpraxis soll stets auf die Patientensicherheit ausgerichtet sein. Damit einhergehend und grundlegend ist der richtige Umgang mit Risiken bzw. deren Einschätzung und Vermeidung sowie die richtigen Schlüsse aus Fehlern zu ziehen. Elementar ist daher, risikobehaftete Abläufe möglichst sicher zu gestalten.
Beispiele für risikobehaftete Prozesse sind:
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Alle invasiv-diagnostischen Maßnahmen
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Identifizieren von Notfallsituationen und
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die Dringlichkeitsbeurteilung bei der Terminvergabe.
Patientenbefragung
Ein Credo im Qualitätsmanagement (QM) ist die ständige Verbesserung. Ein effektives Hilfsmittel, um die Patientenzufriedenheit zu messen und zu steigern, sind Patientenbefragungen. Die proaktive Feedbackeinholung kann klassisch auf Papier oder online erfolgen. Mindestens alle drei Jahre sollte eine Befragung erfolgen, diese Befragung ist Teil der gesetzlichen Anforderungen.
Beschwerdemanagement
Bei anlassbezogener Kritik und Beschwerden ist ein adäquater Umgang essentiell und steht in Beziehung mit der Unternehmenskultur:
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Beschwerden gilt es ernst zu nehmen und Lösungsansätze zu eruieren.
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Jede Beschwerde ist eine kostenlose Beratung.
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Es wirkt gut (und beruhigt aufgebrachte Patientinnen und Patienten), wenn sich das Team bei der Patientin oder dem Patienten für die Beschwerde bedankt und ihr/ihm vielleicht sogar zusagt, eine Rückmeldung zu geben, was aus der Beschwerde wurde.
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Es ergeben sich hieraus viele Chancen, vorhandene Ursachen zu beseitigen und zu einer kontinuierlichen Verbesserung beizutragen.
Behandlungspfade und Leitlinien
Mit praxisinternen Behandlungspfaden werden organisatorische und praxisspezifische Aspekte der Patientenbehandlung standardisiert.
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bestimmte Leistungen,
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Beschwerdebilder oder Erkrankungen (z. B. Asthma oder Diabetes),
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abgestimmte Ablaufbeschreibungen und Checklisten.
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Es ergeben sich hieraus viele Chancen, vorhandene Ursachen zu beseitigen und zu einer kontinuierlichen Verbesserung beizutragen.
Im Gegensatz zu den praxisinternen Behandlungspfaden werden allgemeingültige Leitlinien für klinische Behandlungspfade (clinical pathways) von medizinischen Fachgesellschaften entwickelt.
Rechtssicherheit bei Medizinprodukten
Für das Betreiben und Anbinden von Medizinprodukten gilt die Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV).
Verantwortliche Person für die ordnungsgemäße Anwendung von Medizinprodukten ist demnach die Person, die die Gesundheitseinrichtung betreibt.
Sie muss auch dafür Sorge tragen, dass:
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das Personal entsprechend eingewiesen ist,
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notwendige Kontrollen durchgeführt werden und
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verwendete Geräte zugelassen sind.
Datenschutz in der Arztpraxis
Bei Gesundheitsdaten handelt es sich um sehr sensible Daten. Die Einhaltung von geltenden Datenschutzbestimmungen im Umgang mit erhobenen Patientendaten, der Diagnostik und Bilddaten ist elementar. Im Rahmen des Qualitätsmanagements sollte das Personal im Umgang mit vertraulichen Informationen geschult und regelmäßig eine Überprüfung und Aktualisierung der internen Datenschutzrichtlinien erfolgen.
Fazit
Ein durchdachtes und gelebtes Qualitätsmanagement-System bietet Arztpraxen nicht nur eine rechtliche Absicherung, sondern vor allem einen strukturierten Rahmen für kontinuierliche Verbesserungen im Praxisalltag.
Ein QM-System ist kein starres Konstrukt, sondern ein lebendiger Prozess, der durch regelmäßige Evaluation, Offenheit für Fehler und die konsequente Umsetzung praxisnaher Maßnahmen einen nachhaltigen Nutzen stiftet – für das Team ebenso wie für die Patientinnen und Patienten.
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